Wenn Weiß nicht für Unschuld steht

 

 

 

Die Welt ist voll von wichtigen Themen: Klimaschutz, Tierschutz, Beibehaltung von Wohlstand und Sicherheit, Bekämpfung von Armut, und und und. Allen sollte man sich widmen, alle sind wichtig, doch nicht selten gehen ebenso wichtige Themen in dieser Masse einfach unter. Eines davon zum Beispiel die Milchindustrie. Was die Milchindustrie an Schaden anrichtet, wie sie die vorhin genannten Probleme stetig befeuert. Ungestraft.  

Ich persönlich habe mir bislang kaum Gedanken darüber gemacht, wie die Situation hinter der Milch, die in zahlreiche Lebensmittel, welche ich tagtäglich konsumiere, steckt, tatsächlich aussieht. Mir war zwar über Kontakte bewusst, dass der Lohn, den die Bauern für die Milch als Produkt ihrer harten Arbeit bekommen, ihren Anstrengungen bei weitem nicht gerecht wird, doch die Realität ist erschreckend. 

Die Dokumentation „Das System Milch“, die diesem Stück Text als Ausgangsmaterial dient, entspringt dem Jahr 2017, und doch ist sie aktueller denn je. Liebe Leserinnen und Leser, sie können sich kaum vorstellen, wie weit sich das ständige „Mehr, Größer, Weiter, Schneller“ bereits in allen Lebensbereichen verbreitet hat. Wie ein Parasit ist es in jede kleine Fuge unserer Gesellschaft vorgedrungen.     

Billige Milch als Rohstoff in massenhaft Lebensmitteln, in denen man sie gar nicht vermutet; Milchpulver, um es nach Afrika zu exportieren; Milch, um den gesättigten Markt Europas weiterhin vollzupumpen. All das und was bringt es uns? Studien, die uns sagen, dass Milchkonsum in Massen unseren Körpern schadet. Es bringt den Kleinbauern in Afrika nichts außer einen Verlust ihrer Existenz und Lebensgrundlage – der Viehzucht.  

Was sich nun wie ein fernes Problem in Afrika anhören mag, das findet sich auch vor unserer buchstäblichen Haustüre. Wie viele Bauern können noch von der Milchproduktion leben? Nahezu keine. Genug Bauernfamilien können es sich nur leisten, den Hof weiterhin zu bewirtschaften, weil beide Ehepartner nebenbei arbeiten. So viel zum Thema Work-Life-Balance. In der Dokumentation wird uns eine Bauernfamilie gezeigt, die mithilfe einer Maschine durch Gülle Strom erzeugen kann, um ihn zu verkaufen. Mit diesem Strom, Produkt der „Abfälle“, verdienen sie mehr als mit der Milch, welche ihre Kühe erzeugen. 

Nun frage ich: Wollen wir wirklich so sein? Mir ist klar, dass die breite Masse nicht über die Probleme Bescheid weiß: Den Verlust von Existenzen, da Produzenten nicht weiter optimieren können; die Kühe, welche zur Höchstleistung gezüchtet werden, dafür unter dem Druck des Milchproduzierens Lebenszeit einbüßen; die Rodung von Wäldern zur Futtermittelproduktion. Doch wird endlich jemand darauf aufmerksam machen? Die Milch ist omnipräsent in unseren Leben und doch wissen wir kaum, was dahinter steht. Die Milchproduktion darf kein Randthema mehr bleiben, über das sich nur ein paar „unzufriedene Bauern“ unterhalten. Es muss in die Mitte der Gesellschaft geholt werden, bevor mehr Schaden entsteht und plötzlich wieder jeder behauptet er „hätte ja gar nichts gewusst“. Wir leben nicht in einer Zeit, in der wir es uns leisten können, Probleme zu ignorieren und sich dann schnell aus der Affäre zu ziehen. Seien wir aufmerksam, seien wir uns bewusst, dass wir die Verantwortung dafür tragen, was wir unterstützen. -Und was wir verändern können. 


Ellena
Knosp, 8O. März 2023
 

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