Ist die Wirtschaft noch zu retten?

Uns alle betrifft sie, uns alle beeinflusst sie und doch wollen wir so wenig von ihr wissen und verstehen wie möglich: die Wirtschaft. Einen riesigen Teil unseres alltäglichen Lebens macht sie aus, und nur so wenig Platz ist für sie in unseren Köpfen. Dabei wäre es doch so unglaublich wichtig zu wissen, wie die internationale Wirtschaft läuft, welche unterschiedlichen Systeme es gibt, welche Probleme sie mit sich bringen und welche Alternativen es zu den aktuellen Wirtschaftssystemen gibt. 
Und da sich momentan recht wenig Bereitschaft zur Aufklärung in der Gesellschaft zeigt, übernehme ich – eine 17-jährige Schülerin – nun einen wichtigen Job der Politiker:innen, welche eigentlich dafür zuständig wären, das Thema Wirtschaft und Wirtschaftssysteme für uns junge Menschen attraktiv und einladend zu gestalten und vor allem inmitten einer globalen Wirtschaftskrise aufzuklären.  
Dieses Thema ist kein einfaches und keineswegs in unter einer Seite zu erklären, daher empfehle ich, mit Kopf, Geist und Interesse dabei zu sein. 

 

Am Anfang: Die wichtigsten Wirtschaftssysteme und ihre Probleme 101* 

Um geschmeidig in das Thema einzusteigen, erkläre ich zu Beginn die vier wichtigsten Wirtschaftssysteme, und welche Probleme sie mit sich bringen, so einfach wie möglich. 

Als grundlegende Information ist es äußerst wichtig zu wissen, dass ein Wirtschaftssystem in seiner reinen Form nie funktionierend existieren kann. Es gibt natürlich Bereiche, in denen sich die verschiedenen Systeme zu einem gewissen Grad überschneiden. 

Planwirtschaft 

  • Was ist das? 

  • Der Staat lenkt die Produktion der Unternehmen. Jegliche Unternehmen sind im Besitz des Staates und können daher weder Konkurrenz, noch Wettbewerb untereinander austragen. 

  • Ziel ist die Nutzenmaximierung für die Gesellschaft als Ganzes. 

  • Was läuft in dem System falsch? 

  • Bevor man versucht, die negativen Seiten der Planwirtschaft aufzuzählen, sollte man sich eher fragen, was in der Planwirtschaft richtig läuft, denn dann wäre man mit dem Aufzählen schneller. Das größte Problem der Planwirtschaft sind die fehlenden Reize zur Leistung. Da der Staat sowieso jedes Unternehmen lenkt, bedarf es keinerlei Innovation und Wettbewerb zwischen Unternehmen ist hier sowieso ein No-Go. 

 

Freie Marktwirtschaft 

  • Was ist das? 

  • Das Gegenteil zur Planwirtschaft und mit dieser wohl eines der bekanntesten Systeme. 
    Der Staat greift nicht in die Produktion der Unternehmen – welche von Privatpersonen geführt werden – ein. Die Produktion basiert auf Angebot und Nachfrage der Gesellschaft und Wettbewerb sowie Konkurrenz sind hier unerlässlich. Ziel ist die Nutzenmaximierung für Privatpersonen. 


  • Was läuft in dem System falsch? 

  • Schwankungen in der Konjunktur, also im Wirtschaftswachstum, sind keine Seltenheit in der Freien Marktwirtschaft. Ein Boom hier, eine Depression da… Auch die Gefahr von Monopolisierung ist in solch einem liberalen Wirtschaftssystem natürlich eine reelle Gefahr, und diese sollte man keinesfalls unterschätzen.  


 

 

Soziale Marktwirtschaft 

  • Was ist das? 

  • Sozusagen ein „Upgrade“ der Freien Marktwirtschaft. Es wird auch hier viel Wert auf Wettbewerb und Konkurrenz zwischen nicht-staatlichen Unternehmen gelegt, jedoch sollen abgesehen davon auch soziale Ziele realisiert und auf das Wohlbefinden der Gesellschaft geachtet werden. 

  • Was läuft in dem System falsch? 

  • Soziale Ziele verwirklichen zu wollen ist doch eine schöne Sache und sehr lobenswert, oder nicht? Natürlich ist es das, aber ein großes Problem, welches damit einhergeht, sind die vermehrt anfallenden Steuern für Sozialleistungen. Aufgrund dieser ist die Verlegung ins Ausland, um die Steuern zu umgehen, natürlich sehr verlockend und einige Unternehmen haben dies auch schon getan.  

 

Ökosoziale Marktwirtschaft 

  • Was ist das? 

  • Diese ist wiederum eine Art Weiterentwicklung der Sozialen Marktwirtschaft, im weitesten Sinne. Die Ziele sind die gleichen wie in der Sozialen Marktwirtschaft, nur kommt noch der „Öko-Faktor“ hinzu. Es soll bei der Produktion vermehrt auf die Umwelt geachtet und, wenn möglich, erneuerbare Energien verwendet werden. 

  • Was läuft in dem System falsch? 

  • Auch wenn in der Ökosozialen Marktwirtschaft der Umweltfaktor schon berücksichtigt wird, lassen sich noch Probleme erkennen. Privatpersonen und Unternehmen sind äußerst gewinnorientiert, sie wollen so viel Profit wie nur möglich machen. Wer würde das schließlich nicht wollen? Kapitalismus vom Allerfeinsten. Zu wenig Unternehmen sind bereit, auf einen Teil ihres sowieso schon unglaublich hohen Gewinns zu opfern, um unsere Umwelt zu schützen. Egoismus liegt wohl einfach in der Natur (Haha, Wortspiel) des Menschen… oder? 

 

Jetzt, da wir uns ein bisschen besser mit den vier wichtigsten Wirtschaftssystemen auskennen, zeige ich im nächsten Kapitel drei äußerst vielversprechende alternative Wirtschaftssysteme und ihre Ziele auf und kläre anschließend die Frage, ob wir denn sogar eines dieser alternativen Systeme verwirklichen könnten. 

 


Die Donut-Ökonomie: was haben Donuts mit Wirtschaft zu tun? 

Die Antwort ist leider: gar nichts. Bei der Donut-Ökonomie handelt es sich nämlich um ein Wirtschaftsmodell, welches von Kate Raworth im Jahr 2012 erstmals vorgestellt wurde und auf unseren sozialen und ökologischen Grenzen basiert. Verbildlicht sieht das Ganze so aus:Donut-Ökonomie – Wikipedia 

Der Idealzustand wäre, dass wir uns als Gesellschaft im hellgrünen Bereich halten würden. 

Der innere dunkelgrüne Ring (beschriftet mit GESELLSCHAFTLICHE GRUNDLAGE) stellt die absolute Untergrenze dar. Wenn die Faktoren, die ganz innen stehen, diese Grenze unterschreiten, wirkt sich das negativ auf unsere Umwelt und unser alltägliches Leben aus. 

Der äußere dunkelgrüne Ring (beschriftet mit ÖKOLOGISCHE OBERGRENZE) stellt hingegen die absolute Obergrenze dar. Wenn die Faktoren, die ganz außen stehen, diese Grenze überschreiten, wirkt sich das ebenfalls negativ auf unsere Umwelt und unser Leben aus. 

Und momentan muss leider gesagt werden, dass die Grenzen von uns nicht so wirklich eingehalten werden: Es gibt zu wenig Nahrungsmittel, Bildung und immer weniger werdende Energie auf der Erde und der Klimawandel hingegen wird von Tag zu Tag extremer.  
 

Die Postwachstumsökonomie: Ein langes Wort mit wenig Sinn? 

Nein, ganz und gar nicht. Die Postwachstumsökonomie ist ein revolutionärer Denkansatz von Niko Paech, welcher diese Theorie schon im Jahr 2007 ins Leben gerufen hat. Die zentrale Aussage, die die Postwachstumsökonomie vertritt, ist nämlich diese: Schluss mit Wirtschaftswachstum und her mit neuen Werten! 

Laut der Postwachstumsökonomie hat das alleinige Wirtschaftswachstum nun als Ziel ausgedient und die Ziele, die stattdessen verfolgt werden sollen, sind vor allem Reduktion des Konsumzwangs und Umweltschonung. 

Ultimatives Ziel der Postwachstumsökonomie ist es also, das Wirtschaftswachstum rückläufig zu machen oder es zumindest nicht weiter ansteigen zu lassen. 

 

Die Gemeinwohlökonomie: Ein vielversprechender Zungenbrecher 

Schlussendlich stelle ich nun noch die Gemeinwohlökonomie vor. Diese zielt primär darauf ab, einen gesunden Planten und eine faire, funktionierende Gesellschaft zu ermöglichen.  

Hier ist ein Ãœberblick der fünf wichtigsten Prinzipien der Gemeinwohlökonomie: 

  • Langlebige, nachhaltige Produkte setzen sich durch 

  • Mehr Wertschöpfung bleibt in der Region 

  • Gute und sinnvolle Arbeitsplätze werden geschaffen 

  • Wirtschaftliche Beziehungen werden wieder menschlicher 

  • Potenzial für eine sinnvolle Umwelt- und Klimapolitik 

 

Es ist also klar zu erkennen, dass das Ziel, welches die Gemeinwohlökonomie verfolgt, keineswegs Profit oder grenzenlose Produktion, sondern viel mehr Nachhaltigkeit und ein gutes Leben für die globale Gesellschaft sind. 

  

Brauchen wir überhaupt alternative Wirtschaftssysteme? Wenn ja, wer? Und wie können wir das umsetzen? 

Fragen über Fragen. Die einfache Antwort auf die erste Frage lautet: Ja. 

Es muss sich dringend etwas in der internationalen Wirtschaft ändern, in den Handelsbeziehungen und den Wirtschaftsbündnissen. Die Umwelt muss so massiv unter der Massenproduktion, der Ausbeutung von Arbeiter:innen aus der ganzen Welt und unter den extrem klimaschädlichen Transporten dieser unter unmenschlichsten Bedingungen produzierten Erzeugnisse leiden. Und was machen wir? Wie konzentrieren uns lediglich darauf, bei der nächsten Reduzierung des neuesten Smartphones schneller zuzuschlagen, als wir denken können. Wir ignorieren ganz bewusst die unfassbar schwerwiegenden Probleme, die innerhalb der aktuellen Wirtschaftssysteme existieren. 

Wir wollen diese schreckliche Realität schlichtweg nicht in unser Bewusstsein vordringen lassen. 

Der internationale gesellschaftliche Zusammenhalt muss gestärkt werden, in einer von Gegensätzen geprägten Welt wie dieser mehr denn je. Kinderarbeit, Löhne unter dem Existenzminimum und die leichtsinnige Verschwendung von Ressourcen müssen Dinge der Vergangenheit werden. Wenn wir alle an einem Strang ziehen, auf ein Ziel hinarbeiten, bin ich guter Dinge, dass wir die Wirtschaft und damit auch diese Erde noch retten können. 

Es müssen Wirtschaftssysteme eingeführt werden, unter denen endlich nicht mehr so unglaublich klimaschädlich produziert wird. Die Umwelt muss geschützt werden, denn sonst ist es in ein paar Jahren zu spät. Dann wird nichts mehr von der schönen, grünen Natur übrig sein, das wir retten könnten.

  

Aber welche Länder brauchen denn nun alternative Wirtschaftssysteme? 

Alle. Jedes Land muss sich endlich von altmodischen Idealen wie grenzenloses Wirtschaftswachstum, ungenierte Ausbeutung von Arbeitskräften und alleinigem Profit losreißen. Vor allem sind davon natürlich die Exportriesen dieser Welt, China, Japan, Russland, die USA. Wenn allein diese bei ihren inländischen Produktionen, beim Export und Import mehr auf die Umwelt achten würden, wäre schon ein riesiger Teil vollbracht.  

Das heißt aber unter keinen Umständen, dass vergleichsweise kleine Länder wie Österreich nur zuschauen sollen und nichts tun müssen, nein, auch wir müssen unseren Teil zu einem besseren und gesünderen Planeten beitragen – und zwar dringend. Uns wurden mehr als nur eine Lösung praktisch auf dem Silbertablett serviert – Stichwort Donut-Ökonomie, Postwachstumsökonomie und Gemeinwohlökonomie. Nur an der Umsetzung scheitert es noch.  

 

Was können wir tun? 

Veränderung beginnt im Menschen selbst. Wir müssen unseren Mitmenschen klarmachen, in was für einer kritischen Lage sich die Welt momentan befindet, wir müssen versuchen, das Mindset der Menschen so zu verändern, dass sie endlich den Drang der Lage verstehen.  

Deshalb: haltet euch nicht zurück, geht auf die Straßen, macht euch bemerkbar, seid nicht zögerlich und fordert ein faires Leben für alle und vor allem eine gesunde Umwelt. Kauft Second-Hand, anstatt die neusten Markenschuhe, die von Kindern in Indien unter brutalsten Bedingungen hergestellt wurden und schränkt euren Konsum von Fleisch aus Massentierhaltung ein. Und wenn schon die Politiker:innen, oder nur die wenigsten von ihnen, nichts gegen den katastrophalen Zustand der Erde unternehmen, müssen wir uns an ihrer Stelle darum kümmern. 

Denn nicht nur Politiker:innen können uns sagen, was wir zu tun haben, sondern auch wir als Zivilist:innen können unser Konsumverhalten, unseren Lebensstil so verändern, dass die Politik letztendlich keine andere Wahl mehr hat, als unseren Bedürfnissen nachzukommen.  

Dafür ist die Freie/Soziale/Ökosoziale Marktwirtschaft wirklich gut, denn sie ist liberal und basiert auf Angebot und Nachfrage der Bürger:innen 

Informiert euch, informiert andere, agiert! Denn wir Jugendliche und junge Erwachsene haben noch unser ganzes Leben vor uns und wir wollen es garantiert nicht in solch einer kaputten Welt verbringen. 

 

Julia Greßler, 8O. März 2023 

 

*für alle nicht GenZ sind: 101 bedeutet soviel wie "Eine Einführung"/"Basiswissen" 

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