Das Milch-Drama
Hast du dich schon mal gefragt, wo deine Milch herkommt? Vor ca. 8000 Jahren kam der erste Mensch auf den Gedanken „Heute zapf ich mal eine Kuh an!“…oder so ähnlich zumindest. Durch Insta, TikTok & Co. kommt es uns manchmal so vor, als wäre sowieso die ganze Welt mittlerweile #plantbased und kennt nur noch Sojamilch und Mandeljoghurt. Dass dem nicht so ist, veranschaulicht die Doku „Das System Milch“ aus dem Jahr 2017. Sie beleuchtet die schrecklichen Bedingungen für Mensch- und Tier und das florierende Geschäft mit der Milch in der aktuellen Agrarwirtschaft. Trotz für uns steigender Milchpreise, ist Milch einer der billigsten Rohstoffe überhaupt geworden und demnach weltweit gesehen nach wie vor sehr gefragt und beliebt.
Welternährung durch Milch?
Seit dem EU-Beitritt 1995, ging es für die österreichische Milchindustrie so richtig bergab. Die Agrarpolitik wurde geöffnet, wodurch die europäischen Bauern einem völlig anderen Wettbewerbsmarkt ausgesetzt wurden. Insbesondere China und auch einige Länder Afrikas wurden zum großen Abnehmer für unsere Milch- und Milchprodukte, insbesondere dem sehr erschwinglichen Milchpulver. Das Ziel der europäischen Agrarpolitik ist somit nicht mehr die Sicherstellung der Lebensmittelversorgung Europas, sondern die „Welternährung“. Demzufolge musste aufgrund des steigenden Exports immer mehr Milch zu immer niedrigen Preisen produziert werden. Von 1995 bis 2020 ist die Milchanlieferung an Molkereien um 1.000.000l gestiegen, während die Anzahl der Kühe, die diese Milch produzieren müssen, um mehr als 100.000 gesunken ist. Das Ziel ist extreme Überproduktion, um „den Rest“ zu Milchpulver zu verarbeiten und billig zu exportieren. Wodurch das zu schaffen ist? Hochleistungskühe. Diese erzeugen mittlerweile anstatt ca.25l Milch/Tag, ca.45l Milch/Tag.
Milch ist Gift?
Um eine solche Leistung zu halten, wird immer eiweißreicheres Futter benötigt. Sehr anschaulich wird in der Doku gezeigt, woher dieses Futter stammt. Aus Kostengründen wird vor allem Sojafutter aus Übersee importiert, wo es z.B. in Südamerika auf sogenannten „Schattenfutterflächen“ (gerodeten Regenwald) angebaut wird. Problematisch wird es aber erst so richtig, wenn die Milch schon erzeugt und das Futter wieder „draußen“ ist. Auf 1l Milch, kommen ca. 3l Gülle. Das proteinreiche Futter wird in der Kuh zu Stickstoff abgebaut und gelangt als Ammoniak und Nitrat durch die Gülle auf unsere Felder.
Nitrat wird in unserem Körper jedoch zu Nitrit umgewandelt, welches nachweislich stark krebserregend ist. Ob die Milch selbst so gesund ist, ist diskutabel, da die in ihr enthaltenen Enzyme für das Wachstum eines Kälbchens gedacht sind. Dieser Fakt wird jedoch um die Milchwirtschaft zu pushen etwas verdreht. Speziell die Chinesen werden überzeugt, Milch sei essenziell und wichtig für Wachstum und Gesundheit. Vom Kindesalter bis zur Rente sei sie Grundlage für ein gesundes Leben. Von dieser Fehlinformation profitiert die Agrarwirtschaft aktuell beträchtlich.
Stärker, zäher, ärmer
Im Film sind ebenso Zuchtshows zu sehen, in denen Milchbauern die aktuell leistungsstärksten Kühe besichtigen und direkt mitnehmen bzw. Samen zur Befruchtung kaufen können. Mega-Euter, mager und mitleidserregend. Diesen Preis zahlen wir, beziehungsweise lassen wir die Kühe, als eigentliche Produzenten am Ende der Milchnahrungskette bezahlen, nur um für den Liter Milch nicht über 1,10€ bezahlen zu müssen.
Dabei beschweren wir uns auch noch, für Biomilch etwas mehr zu bezahlen. Die enorm kostenintensiven Produktionsfaktoren und den gesteigerten Arbeitsaufwand lassen wir in dieser Diskussion gerne außen vor. Theoretisch betrachtet, würden bereits ein paar Cent mehr dazu beitragen, dass ein Bauer auch ohne Subventionen (Förderungen) vom Milchgeschäft leben kann. THEORETISCH. Denn durch Inflation, pandemiebedingter Erhöhung der Futterkosten und stetig steigenden Erhaltungskosten, bleibt im Endeffekt trotz steigender Preise im Supermarkt, gleich viel, wenn nicht sogar immer weniger beim Bauern übrig.
Was tun?
Damit auch du zur Verbesserung der schlechten Lage, in der sich Milchbauern- und Kühe befinden beitragen kannst, solltest du genau auf deinen Konsum achten. Frage dich:
- Welche Unternehmen/Konzerne unterstütze ich durch meinen Kauf?
- Habe ich die Möglichkeit, Milch/Milchprodukte lokal bei einem Bauernhof zu kaufen?
- Gibt es leistbare Alternativen?
- Ist in diesem Produkt Milchpulver enthalten? (vor Allem bei Produkten, die nicht als solches gekennzeichnet sind z.B. viele Müsliriegel)
Beachtest du diese Faktoren, kannst du damit einen guten Beitrag leisten. Dennoch muss es in das Interessenszentrum der Agrarpolitik rücken, faire Preise für Bauern zu ermöglichen, die Ausbeutung der Kühe zu stoppen und „einen Gang zurück“ zu schalten!
Der Film „Das System Milch“ eignet sich hervorragend, um sich mit den Problemen der heutigen Milchwirtschaft auseinanderzusetzen, und beinhaltet alle wichtigen Punkte. Manche Aussagen fand ich persönlich jedoch fragwürdig, da sie nicht unbedingt der Realität entsprechen. Beispielsweise wird es im Film so dargestellt, als wäre es eine Qual für die Tiere, „ständig“ trächtig zu sein. Das sehe ich anders, da auch eine Kuh in natürlichen Verhältnissen, außerhalb der Trockenperiode immer trägt. Unnatürlich ist nur, dass den Mutterkühen die Kälber nach zehn Tagen „weggenommen“ werden, und andere Nahrung (Kälbermilch) bekommen.
Konstanze Würzinger, 18 Jahre, 8ON. 2022.
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